Was ist Trendwachstum? Wie definiert es Erwartungen?

Wie im Artikel zum Konjunkturzyklus dargestellt, basieren kurzfristige Prognosen zur Entwicklung des Kapitalmarktes oftmals auf der Einordnung der konjunkturellen Phase. Für einen eher langfristigen Blick auf die Entwicklung des Kapitalmarktes wird eher auf das sogenannte Trendwachstum geschaut.

Wir beschäftigen uns nachfolgend mit den Wachstumstrends eines Wirtschaftsraumes. Diese sind für die Bestimmung von langfristigen Renditeerwartungen von hoher Bedeutung.

Vorhersage des Trendwachstums

Ein grundlegendes Modell zur Vorhersage der Wirtschaftswachstumsrate konzentriert sich auf folgende Faktoren:

  • Faktor Arbeit: Das Wachstum der Erwerbsbevölkerung und der Erwerbsbeteiligung ist die Grundlage dieser Betrachtung. Die Erwerbsbevölkerung hängt vom allgemeinen Bevölkerungswachstum und demographischen Entwicklungen ab. Die Erwerbsbeteiligung definiert sich an Anteile arbeitenden Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung. Reallöhne, Arbeits- und Freizeitpräferenzen und soziale Faktoren determinieren u.A. diese.
  • Kapitaleinsatz pro Arbeitskraft: Ein höherer Kapitaleinsatz erhöht die Arbeitsproduktivität. Beispielsweise kann ein Arbeiter mit einer neueren Maschine viel mehr Wert schaffen als mit einer älteren Maschine.
  • Gesamtproduktivität: Diese erhöht sich durch technischen Fortschritt und Änderungen der Regierungspolitik. Wird eine neue Technologie entwickelt, die beispielsweise weniger Energie als die alte Technologie benötigt, könnten die Energiekosten sinken. Dies könnte dazu führen, dass bestimmte Geschäftsmodelle profitabel werden.

Bedeutung des Trendwachstums für Deine Geldanlage

Die Trendwachstumsrate ist ein wichtiger Faktor bei der Festlegung von Deinen langfristigen Kapitalmarkterwartungen.

Bei der Vorhersage von Renditen mit Discounted Cash-Flow-Modellen (DCF-Modelle) wird die Trendwachstumsrate mit einbezogen. Wie DCF-Modelle funktionieren erkläre ich hier. Die Trendwachstumsrate dient als Anker für langfristige Anleihe- und Aktienrenditen.

Höhere Trendwachstumsraten können zu höheren Aktienrenditen führen, sofern sich das Wachstum nicht bereits im Aktienkurs antizipiert ist. Höhere Trendwachstumsraten bedeuten, dass die Wirtschaft schneller wachsen kann, bevor die Inflation zu einem größeren Problem wird. Diese Überlegung beeinflusst die Geldpolitik und das Niveau der Anleiherenditen.

Höhere Trendwachstumsraten führen tendenziell zu höheren Renditen bei festverzinslichen Wertpapieren wie Staatsanleihen. Insgesamt ist die Trendwachstumsrate in den entwickelten Volkswirtschaften relativ stabil. In Entwicklungsländern kann diese Wachstumsrate weniger vorhersehbar sein. Längere Perioden schnellen Wachstums sind möglich, da diese Länder zu den entwickelten Volkswirtschaften aufschließen.

Der Einfluss von unerwarteten Ereignissen

Wirtschaftliche Wachstumstrends unterliegen unerwarteten Ereignissen oder Schocks. Viele Schocks und ihre Auswirkungen auf die Kapitalmärkte lassen sich nicht vorhersagen. So können beispielsweise Ereignisse wie die Covid-19 Pandemie und die Reaktion der Staaten auf jene langfristige Trends bei Ölpreisen, Inflation und Wirtschaftswachstum in den jeweiligen Ländern verändern.

Exogene Schocks sind unvorhergesehene Ereignisse, die außerhalb des normalen Verlaufs einer Wirtschaft auftreten. Da es sich um unvorhergesehene Ereignisse handelt, sind sie nicht bereits in den aktuellen Kapitalmarktpreisen enthalten. Hingegen sind normale Trends einer Volkswirtschaft, die als endogen gelten, in den Kapitalmarktpreisen enthalten.

Dir sollte bewusst sein, dass die Auswirkungen solcher Ereignisse zu Zeitenwenden führen können. Exogene Schocks können durch verschiedene Faktoren verursacht werden:

  • Technologischer Fortschritt: Die Schaffung neuer und innovativer Technologien, Märkte und Produkte hat das Potenzial, das Wachstum zu steigern.
  • Änderungen in der Regierungspolitik: Zu den staatlichen Maßnahmen, die ein langfristiges Wachstum fördern können, gehören: Solide Finanzpolitik, geringe staatliche Eingriffe in freie Märkte, die Erleichterung des Wettbewerbs im privaten Sektor, die Entwicklung von Infrastruktur und Humankapital sowie eine solide Steuerpolitik.
  • Politische Ereignisse: Geopolitische Spannungen, die Ressourcen für weniger produktive Zwecke abzweigen, können zu Wachstumseinbußen führen. Umgekehrt können Kürzungen der Verteidigungsausgaben aufgrund eines höheren Weltfriedens zu einem Anstieg des Wachstums führen.
  • Naturkatastrophen. Naturkatastrophen verringern wahrscheinlich das kurzfristige Wachstum, könnten aber das langfristige Wachstum fördern, wenn effizientere Kapazitäten die früheren ersetzen.
  • Entdeckung von natürlichen Ressourcen: Die Förderung neuer natürlicher Ressourcen oder die Einführung neuer Methoden zur Gewinnung bestehender Ressourcen kann das Wachstum steigern. Darüber hinaus verbessern sinkende Kosten für die Ressourcenproduktion das Wachstum. Eine Verringerung des Ressourcenangebots schränkt das Wachstum ein.
  • Finanzkrisen: Schocks für das Finanzsystem führen zu einer Vertrauenskrise unter den Marktteilnehmern. Finanzkrisen können das Niveau der Wirtschaftsleistung kurzfristig senken. Ebenso können sie die Trendwachstumsrate verringern.