Regelmäßige Portfolio-Neugewichtung

Es ist sinnvoll und empfehlenswert die Portfolio-Aufstellung aus verschiedenen Gründen regelmäßig anzupassen. Dies kann als Reaktion erfolgen, wenn sich Deine Ziele, Deine Risikotoleranz oder Deine Anlagebeschränkungen verändern. Vergleiche den Artikel zur strategischen Portfolio-Aufstellung zur Definition dieser Begriffe.

Auch wenn sich Deine Kapitalmarkterwartungen sich verändern, dann ist es ebenso an der Zeit Deine strategischen Portfolio-Aufstellung oder taktischen Portfolio-Aufstellung anzupassen.

Darüber hinaus sollte eine Portfolio-Neugewichtung vorgenommen werden, wenn Deine aktuelle Portfolio-Aufstellung nicht im Einklang mit Deiner strategischen oder taktischen Portfolio-Aufstellung ist.

Bedeutung der Bandbreiten in der strategischen Portfolio-Aufstellung

Die Portfolio-Aufstellung selbst wird in der Regel in einer Bandbreite von Prozentsätzen festgelegt (z.B. eine strategische Portfolio-Aufstellung für europäischen Aktien von 40% – 50%), und wenn der tatsächliche Prozentsatz außerhalb dieser Bandbreite liegt, muss das Portfolio neu gewichtet werden. Eine Neugewichtung kann durch Marktbewegungen von Vermögenswerten ausgelöst werden, die dazu führen, dass die Mischung der Vermögenswerte von der Zielgewichtung abweicht.

Bei der strategischen Portfolio-Aufstellung hast Du für jede (Sub)-Anlageklasse eine prozentuale Bandbreite festgelegt. Im Rahmen der taktischen Portfolio-Aufstellung veränderst Du auf kurze Frist hin diese Portfolio-Gewichte, um von kurzfristigen Einschätzungen an den Kapitalmarkt zu profitieren.

Ist nun eine Anlageklasse besonders profitabel und eine andere besonders umprofitabel verschieben sich in Deinem Portfolio die Gewichte, so dass es passieren kann, dass einzelne Anlageklassen die festgesetzten Bandbreiten der strategischen Portfolio-Aufstellung über- oder unterstreiten. Bei einer Anpassung der Portfoliogewichte kann die ursprüngliche Zielallokation wieder ganz oder schrittweise hergestellt werden.

Vorteile der regelmäßigen Portfolio-Neugewichtung

Der Hauptvorteil der regelmäßigen Portfolio-Neugewichtung besteht darin, dass Deine gewünschte Abhängigkeit von systematischen Risikofaktoren beibehalten wird. Lässt Du Dein Portfolio einfach treiben, übernehmen langfristig die risikoreicheren Vermögenswerte die Oberhand. Wenn zum Beispiel der Wert der Aktien in einem Portfolio steigt, wird der Anteil der Aktien am Portfolio immer größer und das Risiko des Portfolios steigt entsprechend. Nur durch eine regelmäßige Neugewichtung des Portfolios (z.B. durch den Verkauf von Aktien und den Kauf von festverzinslichen Wertpapieren oder anderen Anlageklassen) kann das Portfolio zu seinen ursprünglichen Risiko- und Renditeprofil zurückkehren, wie es in Deiner strategischen Portfolio-Aufstellung festgelegt wurde.

Darüber hinaus sorgen selbstgesetzte regelmäßige Portfolio-Neugewichtungs-Regeln für Disziplin im Umgang mit dem eigenen Portfolio. Vielleicht hast Du große Gewinne im Aktienanteil Deines Portfolios und möchtest diese Gewinne “laufen lassen”. Diese erfolgreiche Performance kann dazu verleiten, Dich von vorübergehenden Marktbedingungen beeindrucken zu lassen, anstatt einen langfristigen, disziplinierten Ansatz zu verfolgen. Aber “laufen lassen” kann auch dazu führen, dass die Gewinne aus vorübergehend überbewerteten Wertpapieren nicht realisiert werden, bevor sie wieder auf ihren wahren Wert fallen. Solche nicht realisierten Gewinne können als potenzieller Preis für eine fehlende regelmäßige Portfolio-Neugewichtung angesehen werden.

Neugewichtungs-Ansätze

Die Neugewichtung Deines Portfolios auf ein bestimmtes Zielgewicht erfordert mehr oder weniger ständigen Handel. Die ständige Analyse und der ständige Handel sind mit Transaktionskosten verbunden, sodass eine Vereinfachung gefunden werden muss.

Anstatt strenge Zielgewichte für Dein Portfolio festzulegen, kannst Du die Bandbreiten aus der strategischen Portfolio-Aufstellung nutzen. Diese Gewichte sind diejenigen, die für Dich und die jeweilige Anlageklasse langfristig optimal sind.

Um für Disziplin bei der Neugewichtung des Portfolios zu sorgen, kannst Du entweder ein kalenderbasierten Portfolio-Neugewichtungs-Ansatz oder ein bandbreitenbasierten Portfolio-Neugewichtungs-Ansatz wählen.

Kalenderbasierte Portfolio-Neugewichtung

Beim der kalenderbasierten Portfolio-Neugewichtung wird das Portfolio in regelmäßigen Abständen, beispielsweise monatlich oder jährlich, so umgeschichtet, dass die Bandbreiten der strategischen Portfolio-Aufstellung wieder eingehalten werden. Im Zuge dessen kann auch eine Anpassung der taktische Portfolio-Aufstellung erfolgen.

Die Häufigkeit Deiner Portfolio-Neugewichtung hängt von der Volatilität Deines Portfolios ab. Siehe dazu den Beitrag zur Volatilität weiter unten.

Der Hauptvorteil der kalenderbasierten Portfolio-Neugewichtung besteht darin, dass sie für Disziplin sorgt, ohne eine ständige Überwachung zu erfordern. Der Nachteil ist, dass das Portfolio zwischen den Neugewichtungs-Terminen erheblich von der strategischen Portfolio-Aufstellung abweichen und am Neugewichtungs-Tag wieder in die Bandbreiten der strategischen Portfolio-Aufstellung zurückkehren kann.

Bandbreitenbasierte Portfolio-Neugewichtung

Bei diesem Ansatz wird die Portfolioneugewichtung durch Wertveränderungen und nicht durch Kalenderdaten ausgelöst. In der strategischen Portfolioaufstellung werden Deine Bandbreiten, die für jede Anlageklasse für Dich als optimal angesehen werden, festgelegt.

Ein Korridor von 45 % ± 5 % würde zum Beispiel bedeuten, dass die betreffende Anlageklasse innerhalb einer Bandbreite von 40 % bis 50 % bleiben muss. Bewegt sich die Anlageklasse außerhalb dieser Bandbreite, dann bewegen sich auch andere Anlageklassen außerhalb ihrer Bandbreiten. Dann sollte Dein Portfolio neu gewichtet werden.

Da nicht auf festgelegte Neugewichtungs-Termine gewartet wird, bietet die bandbreitenbasierte Portfolio-Neugewichtung den Vorteil, dass nicht wesentlich gegen die festgesetzten Portfoliogewichte der strategischen Portfolio-Aufstellung verstoßen werden kann.

Die negative Seite der bandbreitenbasierten Portfolio-Neugewichtung ist höherer Aufwand beziehungsweise höhere Kosten. Es bedarf erhöhtem Zeit- und Kostenaufwand für die ständige Überwachung des Portfolios (im Vergleich zur Überprüfung der Bewertungen an den festgelegten Kalenderdaten) und durch potenziell häufigere Handelsaktivitäten.

Faktoren zur Bandbreitengröße

Es gibt verschiedene Faktoren, die Auswirkungen darauf haben, wie groß Deine Bandbreiten sein sollen. Falls die Bandbreiten über- oder unterschritten werden, sollte es eine Portfolio-Überprüfung geben. Zu diesen Faktoren gehören:

  • Transaktionskosten
  • Risikotoleranz
  • Steuerliche Rahmenbedingungen
  • Korrelationen mit dem restlichen Portfolio
  • Momentum
  • Liquidität
  • Derivate
  • Volatilität des restlichen Portfolios

Transaktionskosten

Eine häufige Portfolio-Neugewichtung erhöht die Transaktionskosten. Dies spricht für breitere Korridore, um die Transaktionskosten unter Kontrolle zu halten, insbesondere wenn diese Kosten erheblich sind.

Wenn der Markt gerade nicht liquide ist (wenn die gewünschten Wertpapiere momentan also nicht viel gehandelt werden) dann können die Transaktionskosten höher sein. Der Grund dafür ist eine größere Geld-Brief-Spanne. Also der Unterschied zwischen Kaufpreis und Verkaufspreis.

Je teurer der Handel ist, desto seltener solltest Du handeln. Wenn ein Vermögenswert beispielsweise besonders illiquide ist, kann der Handel recht teuer sein. In diesem Fall sollte Deine Bandbreite für die jeweilige Anlageklasse breit sein. Im Allgemeinen gilt: Je illiquider der Vermögenswert, desto breiter Deine Bandbreite. Je höher die Transaktionskosten sind, desto breiter ist Deine optimale Bandbreite der einzelnen Portfolio-Gewichte, da die Vorteile der Portfolioanpassung den höheren Kosten der Portfolioanpassung gegenüber stehen.

Risikotoleranz

Wenn Du eher risikoscheu bist, dann passen zu Deinem Portfolio eher engere Bandbreiten. Je höher Deine Risikotoleranz ist, desto breiter kann Deine optimale Bandbreite sein. Dann hast Du weniger das Bedürfnis schnell Deine (Buch-)Gewinne zu realisieren.

Steuerliche Rahmenbedingungen

Portfolio-Neugewichtungen können zu steuerlichen Auswirkungen führen. Es kann dazu kommen, dass Kapitalgewinne oder -verluste realisiert werden. Daher weisen steuerpflichtige Portfolios in der Regel breitere Bandbreiten auf als steuerbefreite Portfolios.

Die Bandbreiten von steuerpflichtigen Portfolios können auch besonders breit sein, wenn steuerliche Verlustvorträge genutzt werden können. Es ist auch möglich, dass die Bandbreite asymmetrisch ist. Dies bedeutet, dass die Bandbreite unterhalb eines bestimmten Zielgewichts geringer sein kann als oberhalb (man stelle sich eine strategische Aktien-Allokation von 45% vor und eine Bandbreite von 43% – 52%).

Korrelationen mit dem restlichen Portfolio

Je höher die Korrelation zwischen den einzelnen Anlageklassen in Deinem Portfolio ist, desto seltener muss das Portfolio ausgeglichen werden. Wenn sich alle Vermögenswerte tendenziell in die selbe Richtung bewegen, bleiben ihre Werte in der Regel innerhalb der festgelegten Bandbreiten. In dem Falle, dass beispielsweise Aktien als auch Anleihen um 25 % im Wert steigen (unter der Annahme, dass nur Aktien und Anleihen im Portfolio enthalten sind), wird ihre Gewichtung im Portfolio wahrscheinlich innerhalb akzeptabler Grenzen bleiben. Wenn jedoch Aktien um 25 % steigen und Anleihen um 25 % fallen, werden die Bandbreiten wahrscheinlich über- und unterstritten.

Momentum

Wenn Du glaubst, dass sich die aktuellen Trends fortsetzen, kannst Du breiterer Bandbreiten für die regelmäßige Portfolio-Neugewichtung wählen. Erwartest Du hingegen eine Umkehrung des Mittelwerts, solltest Du engere Bandbreiten für die Neugewichtung verwendet werden.

Liquidität

Illiquide Anlagen, wie Private Equity und Immobilien, sind (wie oben beschrieben) mit höheren Handelskosten verbunden. Diese Liquiditätskosten fördern die Anwendung breiterer Neugewichtungs-Bandbreiten.

Derivate

Anstatt die Basiswerte, aus denen die Anlageklassen zusammen gesetzt sind, zu verkaufen, können Derivate genutzt werden. Mit Derivaten kann eine synthetischen Neugewichtung eines Portfolios erstellt werden. Der Vorteil besteht aus geringeren Transaktionskosten, niedrigeren Steuern und kann im Vergleich zu einer Neugewichtung nur mit den zugrunde liegenden Basiswerten schneller und einfacher durchgeführt werden. Der Nachteil ist, dass Derivate ein zusätzliches Risikomanagement erfordern.

Volatilität

Die Volatilität der Anlageklassen wirkt sich ebenfalls auf die optimale Bandbreiten aus. Je höher die Volatilität Deiner Anlageklassen ist, desto enger ist Deine optimale Bandbreite. Dies liegt daran, dass eine höhere Volatilität die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die tatsächliche Portfolio-Aufstellung im Laufe der Zeit von der strategischen Portfolio-Aufstellung abweicht. Hier spielt es natürlich auch eine Rolle, welchen Ansatz man zur Portfolio-Neugewichtung man wählt.

Letztlich hängt die Wahl der Bandbreite der Anlageklassen in der strategischen Portfolio-Aufstellung von einer Abwägung zwischen Risikokontrolle, Transaktionskosten und Korrelationen zwischen den Klassen ab. In komplexen Situationen wird eine quantifizierte Kosten-Nutzen-Analyse erforderlich sein.