Was ist eigentlich Geldpolitik?

Die Geldpolitik bezeichnet Aktivitäten der Regierung oder der Zentralbank, die auf die Beeinflussung der Geldmenge und des Kreditvolumens in einer Volkswirtschaft gerichtet sind. Die Geldpolitik wird häufig als Mechanismus zur Intervention in den Konjunkturzyklus eingesetzt. Das Mandat der Zentralbanken ist meistens die Preisstabilität zu gewährleisten und/oder Wachstum zu fördern. Dieser Artikel beschreibt die besondere Rolle der Zentralbanken in den heutigen Volkswirtschaften.

EZB-Tower in Frankfurt, Deutschland

Quantitätstheorie

Beginnen wir damit uns die Beziehung zwischen Geld und Preisniveau anzuschauen. Diese Beziehung kommt am besten in der Quantitätstheorie des Geldes zum Ausdruck. Diese Theorie wird mit folgender Gleichung beschrieben:

Quantitätsgleichung des Geldes

Geldmenge * Umlaufgeschwindigkeit des Geldes = Preisniveau * reales BIP

Die Gleichung besagt, dass in einem bestimmten Zeitraum die Geldmenge, die zum Kauf aller Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft verwendet wird (linke Seite der Gleichung), gleich dem Geldwert der erzeugten Waren und Dienstleistungen ist.

Wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes konstant ist, dann sind die Ausgaben (rechte Seite der Gleichung) annähernd proportional zur Geldmenge. Dies führt dazu, dass manche Ökonomen jegliche Inflation als monetäres Phänomen bezeichnen:

Milton Friedman, Ökonomie-Nobelpreisträger:

 “Inflation is always and everywhere a monetary phenomenon in the sense that it is and can be produced only by a more rapid increase in the quantity of money than in output.”

Wann und wie Inflation auftritt ist allerdings nicht leicht zu prognostizieren.

Die Rolle der Zentralbanken

Zentralbanken spielen in modernen Volkswirtschaften mehrere Schlüsselrollen. Im Allgemeinen sind Zentralbanken die Monopolanbieter der Währung (beispielsweise die FED für den US-Dollar), oftmals die Bank für die Regierung (beispielsweise die Deutsche Bundesbank für die Bundesrepublik Deutschland) und die inländischen Banken, der Kreditgeber der letzten Instanz, der Regulierer und Überwacher des Zahlungssystems, die Verantwortlichen für die Geldpolitik und der Überwacher des Bankensystems.

Wir fokussieren uns hier auf die Rolle als Verantwortliche für die Geldpolitik. Allerdings ist zu bedenken, dass Aktionen in den anderen Kompetenzgebieten ebenso Auswirkungen auf die Geldpolitik haben können.

Bis in das vergangene Jahrhundert konnte Geld gegen ein bestimmtes Edelmetall, in der Regel Gold, getauscht werden. Zunächst gaben Banken Schuldscheine aus. Diese Rolle wurde irgendwann von Zentralbanken übernommen. Diese geben eine per Gesetz festgelegte Währung aus.

Im laufe des letzten Jahrhunderts gaben dann die Zentralbanken das Versprechen auf, dass die Währung gegen eine festgelegte Menge an Gold umgetauscht werden kann. Damit wurden die Währungen zu Fiat-Geld – es kann also nicht gegen eine andere Ware konvertiert werden. Durch das Fiat-System wird die Rolle der Zentralbanken noch wichtiger, da die Geldmenge theoretisch unbegrenzt ausgeweitet werden kann. Daher ist es die Aufgabe der Zentralbanken das Vertrauen in die Währung zu erhalten und das Preisniveau stabil zu halten.

Ziele der Zentralbank-Geldpolitik

Jede Zentralbank interpretiert ihr Mandat etwas anders, legt ihre eigenen operativen Ziele und Leitlinien fest und wählt ihren eigenen Mix der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente. Gemeinsam ist den Zentralbanken, dass sie praktisch immer darauf abzielen, das zyklische Verhalten von Wachstum und Inflation in beide Richtungen zu dämpfen. Die Geldpolitik zielt also darauf ab, antizyklisch zu wirken. Genutzte Kerninstrumente der Zentralbankpolitik sind die Beeinflussung der Geld- und Kreditmenge.

Die Gewährleistung der Preisstabilität ist ein verbindendes Ziel aller Zentralbanken. Damit verbunden ist fundamental das Ziel der Inflationskontrolle. Oftmals wird es auch als das oberste Ziel bezeichnet. Warum Inflation schädlich ist, wird hier erklärt.

Darüber hinaus könnten die Stabilität des Finanzsystems und der Zahlungssysteme und Vollbeschäftigung oder Produktion Zentralbank-Ziele sein.

Ein Problem der Geldpolitik ist, dass die Aktionen der Zentralbanken oftmals erst mit Verzögerungen wirken. Daher besteht das Risiko, dass geldpolitische Maßnahmen den Konjunkturzyklus eher verschärfen als abmildern.

Die Kerninstrumente der Beeinflussung der Geld- und Kreditmenge finden ihre Ausprägung durch:

  • Offenmarktgeschäfte
  • Leitzinsen
  • Mindestreserveanforderungen

Offenmarktgeschäfte

Offenmarktgeschäfte umfassen den Kauf und Verkauf von Staatsanleihen. Wenn die Zentralbank beispielsweise Staatsanleihen von Banken kauft, erhöht dies die Reserven der Banken auf der Aktivseite ihrer Bilanzen. Wenn Banken diese überschüssigen Reserven dann verwenden, indem sie die Kredite an Unternehmen und private Haushalte erhöhen, kommt es über den Geldmultiplikatormechanismus zu einer Ausweitung des Geldmengenwachstums. In ähnlicher Weise kann die Zentralbank Staatsanleihen an Banken verkaufen. Dadurch sinken die Reserven der Geschäftsbanken, was ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe, also zur Kreditschöpfung an private Haushalte und Unternehmen verringert und somit zu einem Rückgang des Wachstums der Geldmenge führt.

Bei Offenmarktgeschäften kann die Zentralbank ein gewünschtes Niveau der Geschäftsbankreserven oder einen gewünschten Zinssatz für diese Reserven anstreben.

Leitzinsen

Refinanzierungssätze

Der Zinssatz, den eine Zentralbank festlegt und öffentlich bekannt gibt, ist in der Regel der Zinssatz, zu dem sie bereit ist, den Banken Geld zu leihen. Dieser Leitzins kann durch die Verwendung von kurzfristigen besicherten Kreditzinsen, den so genannten Refinanzierungssätzen (Repo-Satz), etabliert werden. Wenn die Zentralbank das Geldangebot erhöhen möchte, kann sie von den Banken (Staats-)Anleihen kaufen, mit der Vereinbarung, diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu verkaufen. Dieses Geschäft wird als Repo-Geschäft bezeichnet. Normalerweise liegt die Laufzeit von Repo-Geschäften zwischen einem Tag und zwei Wochen. Im Grunde handelt es sich dabei um einen gesicherten Kredit an die Banken, und der Kreditgeber (in diesem Fall die Zentralbank) erhält den Repo-Satz.

Wenn die Zentralbank eine Erhöhung ihres Leitzinses ankündigt, dann heben Banken gewöhnlich ihre Zinsen (ggü. Unternehmen und Haushalten) zum gleichen Zeitpunkt an. Zum Beispiel könnten Kunden mit guter Bonität für ihre Kredite bei einer Bank den Leitzins der Zentralbank plus 0,5 % zahlen. Kunden mit mittlerer Bonität könnten Geld zum Leitzins der Zentralbank plus 2,5 % leihen. Aber warum sollten die Geschäftsbanken ihre Referenzsätze sofort erhöhen, nur weil der Refinanzierungssatz der Zentralbank gestiegen ist?

Banken wollen keine Kredite zu einem Zinssatz vergeben, der niedriger ist als der, den sie von der Zentralbank verlangen können. Der Aufschlag auf den Zentralbank-Leitzins spiegelt einen Risiko-Aufschlag wieder.

Einlagezinssätze

Ebenso wichtig ist der Einlagezinssatz der Zentralbanken. Da Banken ein Konto bei der jeweiligen Zentralbank haben, bekommen sie auch den – von der Zentralbank festgelegten – Zinssatz bezahlt. In Zeiten von Minuszinsen (im Euro-Raum seit 2014) heißt dies, dass Banken Strafzinsen an die Zentralbanken für ihre Geldhaltung auf Konten der Zentralbank zahlen müssen. Daher gehen Banken mittlerweile dazu über diese Strafzinsen an Haushalte und Unternehmen, die Einlagen bei ihnen halten, weiterzugeben. Möglichkeiten für Banken – wie auch Unternehmen (vergleiche hier den Fall der Munich Re) und Haushalte – dem zu entgehen ist die verstärkte Haltung von Bargeld in Tresoren. Allerdings wechseln täglich mehrere Billionen Euro jeden Tag den Besitzer, so dass – in einer digitalen Welt – der Wechsel zum Bargeld mit erheblichen Transaktionskosten verbunden ist.

Durch die Festlegung eines Leitzinses kann eine Zentralbank die Geldmenge auf den Geldmärkten manipulieren. Im Allgemeinen gilt: Je höher der Leitzins ist, desto höher ist die potenzielle Strafe, die die Banken an die Zentralbank zahlen müssen, wenn ihnen die Liquidität ausgeht, desto größer ist ihre Bereitschaft, die Kreditvergabe einzuschränken, und desto wahrscheinlicher ist ein Rückgang des Geldmengenwachstums.

Mindestreserveanforderungen

Die dritte Möglichkeit, mit der die Zentralbanken die Geldmenge in einer Volkswirtschaft begrenzen oder erhöhen können, sind ihre Mindestreserveanforderungen. Der Geldschöpfungsprozess ist umso stärker, je niedriger der Prozentsatz der Mindestreserveanforderungen an die Banken ist. Eine Zentralbank könnte also die Geldschöpfung einschränken, indem sie die Mindestreserveanforderungen der Banken anhebt. Dieses politische Instrument wird jedoch in den entwickelten Volkswirtschaften heutzutage kaum noch verwendet.

Die Mindestreserveanforderungen werden jedoch in vielen Entwicklungsländern nach wie vor aktiv zur Kontrolle der Kreditvergabe eingesetzt und bleiben ein potenzielles politisches Instrument für diejenigen Zentralbanken, die sie derzeit nicht nutzen.